"Searching for Lightness"
"Ist aber das Schwere wirklich schrecklich und das Leichte herrlich?
Das schwerste Gewicht beugt uns nieder, erdrückt uns, presst uns zu Boden. In der Liebeslyrik aller Zeiten aber sehnt sich die Frau nach der Schwere des männlichen Körpers. Das schwerste Gewicht ist also gleichzeitig ein Bild intensivster Lebenserfüllung. Je schwerer das Gewicht, desto näher ist unser Leben der Erde, desto wirklicher und wahrer ist es.
Im Gegensatz dazu bewirkt die völlige Abwesenheit von Gewicht, dass der Mensch leichter wird als Luft, dass er emporschwebt und sich von der Erde, vom irdischen Sein entfernt, dass er nur noch zur Hälfte wirklich ist und seine Bewegungen ebenso frei wie bedeutungslos sind.
Was also soll man wählen? Das Schwere oder das Leichte?
Parmenides hat sich diese Frage im sechsten Jahrhundert vor Christus gestellt. Er sah die ganze Welt in Gegensatzpaare aufgeteilt: Licht – Dunkel; Feinheit – Grobheit; Wärme – Kälte; Sein – Nichtsein. Er betrachtete den einen Pol (Licht, Feinheit, Wärme, Sein) als positiv, den anderen als negativ. Eine solche Aufteilung sieht kinderleicht aus, bringt jedoch eine Schwierigkeit mit sich: Was ist positiv, das Schwere oder das Leichte?
Parmenides antwortete: Das Leichte ist positiv, das Schwere ist negativ.
Hatte er recht oder nicht? Das ist die Frage. Sicher ist nur eines: Der Gegensatz von leicht und schwer ist der geheimnisvollste und vieldeutigste aller Gegensätze."
Aus: Milan Kundera, "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins"
Installation: Kubus mit Glasplatte (150 x 150cm), Glasobjekte, Licht
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